Leipziger Hafen - Zentrum der Gegensätze

2000 - 2016


Lage

Der einzige Hafen Leipzigs liegt im westlichen Teil der Stadt und verbindet die Ortsteile Grünau, Lindenau, Plagwitz und Schönau miteinander. Er wird im Norden von der Lyoner Strasse, im Süden von der Lützner Strasse und im Osten von der Plautstrasse begrenzt. Nach Westen hin öffnet sich das Hafengelände in den 1880 angelegten Schönauer Park und das Landschaftsschutzgebiet Schönauer Lachen. Während östlich und südlich des etwa 1000 m langen und 70 m breiten Hafenbeckens überwiegend Gewerbenutzung zu finden ist, hat das westlich gelegene Gebiet hauptsächlich Erholungsfunktion.


Geschichte

Da Leipzig keinen Wasserstrassenanschluss hatte, galt die Stadt bis in das 20. Jahrhundert hinein als teurer Wirtschaftsstandort. Der sächsischen Kurfürsten Johann Georg III. befürwortete schon um 1706 eine Wasserverbindung Leipzigs zum Meer. Auch Kurfürst Friedrich August I. der Starke und Friedrich August III. (1763-1827) setzten sich dafür ein. Jedoch verhinderten immer wieder widrige Umstände wie die Napoleonischen Kriege (1805-1815) und die darauf folgende Teilung Sachsens die praktische Umsetzung. Später erschien das Transportproblem über ein gut ausgebautes Eisenbahnnetz lösbar.

Im Jahre 1854 nahm der Unternehmer und Stadtverordnete Dr. Karl Erdmann Heine (1819-1888) erneut die Planung eines Kanals von der Elster zur Saale auf. 1856 begann der Bau des Kanals an der Nonnenstrasse. Es wurden insgesamt 14 Bogenbrücken aus Naturstein für Strassen und Eisenbahnen gebaut, die seither Anziehungspunkte und Zeitzeugen der Geschichte sind. Schon um diese Zeit wurden grosse Teile des heutigen Hafenbeckens zur Kiesgewinnung genutzt.

Zu dieser Zeit plante die Stadt Leipzig den weiteren Ausbau des Elster-Saale-Kanals mit einem Haupthafen auf dem Gebiet des heutigen Zentralstadions. Das heutige Hafengebiet sollte als Vorhafen ausgebaut werden, welcher als Umschlagplatz für grössere Schiffe bis etwa 500 t geplant war. Jedoch waren die finanziellen Mittel der Stadt und des Landes durch den Ausbau der Eisenbahnverbindungen für den Hauptbahnhof gebunden. Der Ausbruch des ersten Weltkrieges sowie die nachfolgenden Wirtschaftskrisen verhinderten die Realisierung des Hafenprojekts. 1920 sollte Leipzig mit Hilfe eines Stichkanals für Schiffe bis 1000 t als sogenannter "Südflügel" an den Mittellandkanal angebunden werden. Der Ausbau wurde aber aufgrund Geldmangels nicht begonnen.

1933 trieb der damalige Leipziger Oberbürgermeister Dr. Carl Goerdeler den Bau des Elster-Saale-Kanals voran. Nunmehr wechselte aufgrund der Nähe zum Industriegebiet Plagwitz-Lindenau, der schon vorhandenen Anbindung an die Elster über den Karl-Heine-Kanal und der Kürze der Verbindung zur Saale (20 km) der Haupthafenstandort nach Lindenau. Baubeginn für den Hafen war erst 1937. Er sollte gleichzeitig mit dem Kanal 1941/42 in Betrieb genommen werden. Vorgesehen waren ein Industriehafen für grosse Industriebetriebe und ein Umschlagshafen für das Wirtschaftsgebiet Leipzig. Das in der ersten Ausbaustufe gebaute Becken 1 des Umschlaghafens ist das heutige Hafenbecken, welches fast ausschliesslich mit Grundwasser gefüllt ist.

Nachdem 1941 50 % der ersten Ausbaustufe fertiggestellt waren, wurden teilweise schon Speichergebäude gebaut. Diese Speichergebäude sind heute als denkmalsgeschützte Gebäude eine der Hauptattraktionen des Hafens. 1942 wurden die Bauarbeiten am Kanal eingestellt. Nur noch 6,5 km trennten Leipzig vom Anschluss an die Saale und damit vom Anschluss ans Meer. 1943 stellte die Stadt dann alle Bauarbeiten ein, da das Baumaterial für die Rüstung gebraucht wurde.

Nach 1945 wurde der Ausbau des Kanals sowie des Hafens von Sachsen und Sachsen-Anhalt befürwortet, von der Sowjetischen Militäradministration allerdings abgelehnt. Auch 1949 mit der Gründung der DDR wurde das Projekt ignoriert. Die halbfertigen Hafenanlagen wurden jahrelang von Volkeigenen Betrieben genutzt, aber nur ein 56 m hohes Gebäude, die 13-geschossige Futtermischanlage des VEB Getreidehandel, gebaut.


Gegenwart

Heute ist der Hafen eine ca. 10 ha grosse offene Wasserfläche mit einer Tiefe bis zu 2,5 m. Er ist noch immer nicht an den Karl-Heine-Kanal und den Elster-Saale-Kanal angebunden und damit der einzige deutsche Industriehafen ohne Anbindung an das Gewässernetz.
Im südlichen Teil ragt eine schmale Halbinsel in das Hafenbecken hinein. östlich des Hafenbeckens hinter der noch gut erhaltenen Kaimauer unterstreichen die wieder gewerblich genutzten Speichergebäude (u.a. von der Leikra - Leipziger Kraftfuttermittel GmbH) die historische Bedeutung des Hafenbeckens.
Steht man auf der Kaimauer, kann man westlich des Hafenbeckens die naturnahe Seite des Hafens erleben. Dieser Kontrast zwischen Industrielandschaft einerseits und naturnaher Landschaft andererseits macht den Hafen zu einem Erlebnis.
Vom Norden her fährt eine Museumsschmalspurbahn mit 800 mm Spurweite am östlichen Ufer des Hafens entlang bis zum Museumsbahnhof. Sie existiert seit etwa 1900 und ist eine weitere Hauptattraktion des Hafens.

Geht man im Westen des Hafens über einen langgestreckten Bergrücken zum "Bruch am Hafen", kann man ein fast unberührtes Stück Natur erleben und auf weiten Strecken im Vordergrund die wunderschöne Landschaft und im Hintergrund die Silhouette von Leipzig bewundern. Von dort gelangt man auch zum Schönauer Park.

Der Hafen und sein westliches Randgebiet sind Rückzugs- und Brutgebiete für viele Vogelarten wie Uferschwalbe, Nachtigall, Kuckuck, Rothalstaucher, Moorente und Neuntöter. Allein 13 Vogelarten stehen in der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten. Das Hafengebiet ist Jagdgebiet für Waldkauz und viele Greifvögel wie Turmfalken, welche wie die Schwalben in den Speichern brüten. Auch andere gefährdete Tierarten wie Fledermäuse, Amphibien und Libellen sind am Hafen weit verbreitet.
Wegen der vielen Fische (Rotfeder, Karpfen, Wels, Hecht u.a.) ist das Hafenbecken ein beliebtes Angelziel.

Radwege um den Hafen mit Anbindung zum Karl-Heine-Kanal laden zur Radtour, zum Joggen oder einfach nur zum Spazieren gehen ein. Vom Schönauer Park bietet sich ein Erlebnisspaziergang über von Mountainbikern ausgefahrene Wege durch die naturnahe Landschaft bis zum Hafen an. Er ist auch sehr gut mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln zu erreichen.


Zukunft

Es ist geplant, die Fuss- und Radwege im Rahmen der geplanten Erholungsnutzung auszubauen, den Hafen an den Elster-Saale-Kanal und den Karl-Heine-Kanal anzubinden und den Kontrast zwischen Natur- und Gewerbenutzung durch Ausflugsschifffahrt vom Wasser aus erlebbar zu machen. Die Museumsbahn soll bis weit über die Lützner Strasse hinaus verlängert werden.


Update 2009:

Die Stadt Leipzig hat Grundstücke auf der Ostseite des Hafens erworben, um das Gelände dann zu beräumen und nach Bedarf zu entwickeln. In den Jahren 2000 bis 2004 war das Hafengelände als Standort des Olympischen Dorfes für die Olympischen Spiele 2012 gedacht. Mit dem Scheitern der Leipziger Olympia-Pläne ist dort nun ein Quartier mit Stadthäusern vorgesehen. Seit 2007 hat die Leipziger Stadtverwaltung den Durchstich zwischen dem Karl-Heine-Kanal und dem Hafen genehmigt, Anfang 2009 wurde mit der Geländebereinigung (Baumfällarbeiten etc.) begonnen.


Update 2015:

2012 wurde die Verlängerung des Karl-Heine-Kanals bis zum Hafen durch den Stadtrat beschlossen. Die Bauarbeiten zur Anbindung des Karl-Heine-Kanals an den Hafen dauerten ca. 3 Jahre, für Schwierigkeiten sorgten vor allem die unterschiedlich hohen Wasserstände beider Gewässer. Am 2. Juli 2015 erfolgte die Einweihung der Verlängerung. Die Verbindung zum Elster-Saale-Kanal ist für die nächsten Jahre geplant.

Karte

Hinweise:
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Uebersichtskarte

Fotos


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